Sauerteigbrot backen war gestern, Fermentieren ist heute (und wahrscheinlich auch noch übermorgen, und sehr wahrscheinlich auch schon vor-vor-vor-vor-vorgestern).
Ich möchte jetzt gar nicht lang und breit über die Vorteile des Fermentierens schreiben (hier kann man zum Beispiel 7 Gründe für die Fermentation nachlesen) oder darauf eingehen, wie Fermentation denn überhaupt so funktioniert, weil das auch schon so oft beschrieben wurde – und weil das andere sicher besser erklären können als ich (hier gibt es zum Beispiel einen entsprechenden Artikel: Lacto-Fermentation: Wie funktioniert es ?). Und wer an weiteren Details interessiert ist, kann auch auf Wikipedia alles über “Milchsäuregärung” nachlesen.
Ich selbst hab mir vor einiger Zeit das Buch “Fiery Ferments” von Kirsten K. Shockey und Christopher Shockey (Partnerschaftslink) besorgt, um mich weiter in der Fermentierkunst zu üben. Und eines der Basis-Rezepte in diesem Buch ist eben “Basic go-to mash” – rote Paprika und Salz gemeinsam fermentiert, also einfacher gehts nicht mehr !
Ein kleiner Nachteil bei dieser Ausgabe des Buches in englischer Sprache ist, dass man von amerikanischen Massen (pound) auf europäische Masse (Gramm) umrechnen muss. Bei den Rezepten ist das Salz nicht als Prozent-Anteil sondern in Esslöffeln angegeben, was zu leichtem Kopfzerbrechen führen kann, will man andere Mengen herstellen als im Buch angegeben.
Aber abgesehen davon ist es ein grossartiges Buch zum Einsteigen in die Welt der “feurig scharfen Fermente” – und wenn man erst einmal ein paar Fermente genau nach Anleitung gemacht hat, dann hat man den Dreh heraus und kann frei vor sich hin improvisieren (und dann beginnt der wirkliche Spass !)
Das “Rezept”:
Bei meinem allerersten Versuch, rote Paprika zu fermentieren hab ich mich ziemlich genau an die Anleitung aus dem Buch gehalten: “3 1/2 pounds peppers, stemmed and seeded, 1 tablespoon plus 1/2 teaspoon of salt”.
Ich hab dann errechnet, dass in diesem Rezept genau 1,26 % Salz vorkommen. Woanders hab ich gelesen, dass 2 % Salz gut sind, und im Sommer bin ich wiederum draufgekommen, dass bei hohen Temperaturen 3% Salz beim Fermentieren besser sind (das verlangsamt den Fermentationsprozess ein wenig).
Auf der Website www.wildefermente.de kann man über die Verwendung von Salz in Fermenten alles nachlesen, was man wissen sollte – dort steht:
Wie wirkt das Salz ?
- 0 % Salz: Ohne Salz keine Wirkung, das Gemüse verrottet.
- 1 % Salz wirkt gegen viele schädliche Mikroorganismen.
- 1-3 % Salz ergibt die größte Vielfalt fermentierender Mikroorganismen und ein gutes Aroma.
- 3-5 % Salz ermöglicht Fermentation, aber schließt einige Mikroorganismen aus, z.B. Lactobacillus mesenteroides.
- 10 % Salz schließt alle Mikroorganismen aus. Man erhält Nahrung, die gepökelt ist, aber nicht fermentiert.
Ich nehme bei diesem Paprika-Ferment immer genau 3 % Salz, damit bin ich auf der sicheren Seite. Wer unjodiertes Salz zu Hause hat, sollte dieses verwenden (weil das Jod angeblich die Fermentation stört), aber ich hab auch mit ganz normalem und jodiertem Tafelsalz Erfolg gehabt.
Also, das hier ist mein “Rezept”: pro 100g rote Paprika benötigt man 3% Salz
Das ergibt zum Beispiel für 300 g (3* 100 g) rote Paprika 9 g (3 * 3 g) Salz – also dreimal so viel. Noch ein Rechenbeispiel: für 500 g (5 * 100 g) rote Paprika benötigt man 15 g (5 * 3 g) Salz.
Das Zubehör:
Man braucht in diesem Fall zum Fermentieren kein besonderes Equipment, sondern nur ein sauberes Glas mit Schraubdeckel, einen Stabmixer (oder ähnliches Equipment) zum Pürieren der Paprika und ein kleines Stück Backpapier. Mein Glas ist 17 cm hoch und hat einen Durchmesser von ca. 7.5 cm, da passen genau 300 g vom Paprika-Püree hinein. Am besten nimmt man ein nicht allzu breites Glas, weil je weniger Oberfläche des Ferments der Luft ausgesetzt ist, desto besser.
Geschmack und Verwendung von fermentierten roten Paprika:
Und was macht man dann eigentlich mit diesen fermentierten roten Paprika und wie schmeckt das Ganze ? Also, mich erinnert sowohl der Geschmack wie auch der Geruch sehr an Ajvar, also es riecht nach Paprika und gleichzeitig auch leicht säuerlich. Ein guter Esslöffel von diesem Püree passt in fast jede Sauce bzw. Suppe und macht das Essen einfach noch um einiges geschmackvoller, ohne dabei hervorzustechen. Oder wie wärs mit einer derartig aufgepeppten Tomatensauce für die Pizza ?
Ich kann versprechen: wenn man erst einmal so ein Glas mit fermentiertem Paprika-Püree zu Hause herumstehen hat, dann fallen einem ganz viele Verwendungsmöglichkeiten ein, und man wird sich fragen, wie man eigentlich zuvor ohne dieses Püree auskommen hat können ! 😉
Und los gehts !
Die Paprika waschen, die Kerngehäuse entfernen und in kleine Stücke schneiden …
… und mit einem Stabmixer zu einem möglichst feinen Püree mixen.
Die entsprechende Menge Salz abmessen (eine Grammwaage – z.B. die Feinwaage von G&G, Partnerschaftlink – ist hier zwar hilfreich, aber nicht unbedingt notwendig) →
Das Salz zum Püree mischen und das Püree in ein heiss ausgespültes, sauberes Glas geben: das Glas muss nicht steril sein, aber es sollte eben sehr sauber sein. Ein kleines Stück Backpapier zwischen Deckel und Glas legen und den Deckel nicht ganz fest zuschrauben. Das Backpapier schützt die Innenseite vom Deckel, die sonst vom Salz angegriffen werden kann und eventuell zu rosten beginnt.
Den Deckel schraubt man deswegen nicht ganz zu, weil beim Fermentieren Gase entweichen können müssen. Das Glas stellt man am besten in eine kleine Schüssel oder auf einen tiefen Teller, weil es schon mal passieren kann, dass gemeinsam mit den Gasen auch etwas Flüssigkeit entweicht (oder, wenn es mal ganz wild hergeht, das Ferment selbst ein bisschen aus dem Glas klettert). Nachdem sich das Püree beim Fermentieren etwas “ausdehnt”, sollte man das Glas auch nicht komplett bis oben hin anfüllen, sondern oben ca. 4-5 cm Platz lassen (je nach Form des Glases).
Eine gute Praxis ist auch, sich aufzuschreiben, wann man das Ferment angesetzt hat und wann man vorhat, es zum ersten Mal zu kontrollieren. Die Dauer des Fermentierens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. von der Raumtemperatur (idealerweise zwischen 18° und 22° C), wieviel Salz man verwendet hat und wie stark fermentiert einem das Ferment selbst schmeckt.
Beim Paprika-Ferment separieren sich bald schon nach dem Mixen die festen Teilchen von der Flüssigkeit. Am besten, man stellt das Glas an einen Ort, an dem man öfter mal vorbeigeht, und immer dann, wenn man sieht, dass das Püree separiert ist, schüttelt man das Glas einfach bis alles wieder gut gemischt ist.
Vorsicht, vor dem Schütteln das Glas gut zuschrauben und nach dem Schütteln den Deckel wieder lockern, sodass Gase entweichen können !
Wann ist das Ferment fertig ?
Ein “fertiges” Ferment (bei dem die Milchsäurebakterien überwiegen) hat einen ph-Wert von unter ph 4.6. Für andere Fermente, bei denen man nicht so klar sehen bzw. riechen kann, ob oder wann sie fertig zum Geniessen sind, hab ich mir ph-Wert-Teststreifen (Partnerschaftslink) besorgt, mit denen man Werte von ph 2.0 bis ph 7.0 (statt den üblichen von ph 0.0 bis ph 14.0) fein abgestimmt messen kann:
Bei diesem Paprika-Ferment erkennt man allerdings sehr schön durch das Glas hindurch, wie aktiv das Ferment ist, wie es im Glas blubbert. Der Geruch ist, wie oben beschrieben, leicht säuerlich, aber angenehm.
Ich mag mein Paprika-Ferment, wenn es (im Sommer, wenn es schnell fermentiert) ca. 3 Tage alt ist (im Winter mag ich es ca. 5 Tage alt). Im Buch “Fiery Ferments” wird vorgeschlagen, das Ferment erst nach 14 Tagen zu kosten – d.h. auch hier gibt es grosse Unterschiede in den Vorlieben, und es gilt wie immer: Hauptsache ist, es schmeckt einem selbst !
Wenn einem das Ferment also schmeckt und man es für “fertig” befindet, dann gibt man es in den Kühlschrank, um die weitere Fermentation stark zu verlangsamen. So hält sich das Ferment im Prinzip ewig, aber bei uns ist es immer schon nach kurzer Zeit aufgebraucht: ein Esslöffel hier hinein, ein Esslöffel da hinein, und weg ist es.
Was kann schiefgehen ?
Nicht sehr viel eigentlich:
- Beim Fermentieren der Paprika kann sich manchmal eine sogenannte Kahmhaut bilden, das ist ein weisser dünner Film an der Oberfläche. Kahmhaut ist aber harmlos und man kann sie einfach mit einem Löffel entfernen.
- Sollte das Ferment aus irgendeinem Grund (den man leider meist nicht weiss) schleimig werden, dann weg damit. So etwas würde man ja auch nicht essen wollen.
- Sollte das Ferment unangenehm riechen, dann weg damit. Man will ja auch nichts essen, das schlecht riecht.
Ich muss sagen, ich war beim Fermentieren generell jedesmal, wenn etwas schief gegangen ist, wirklich erstaunt, wie ganz klar mein Körper mittels Geruchssinn mir erklärt, was ich besser nicht essen sollte. Das macht ja auch durchaus Sinn, sonst wären wir wahrscheinlich schon längst ausgestorben.
Was allerdings auch noch passieren kann, wenn man erstmal mit dem Fermentieren unterschiedlicher Lebensmittel begonnen hat: man hat bald keinen Platz mehr im Kühlschrank für andere Lebensmittel. 😉
Lust auf mehr Fermente ?
Wen einmal die Fermentier-Lust erfasst hat (böse Zungen nennen es Fermentier-Wahn), die/der kann sich auf meinem Blog gerne noch weitere Rezepte ansehen, bei denen etwas fermentiert wird :
Rhabarber-Sekt nach Papa Mumin / Moominpappa’s summer mead
Veganer Kimchi á la Maangchi (aber ohne Knoblauch)
Selbstgemachter Senf (Grundrezept) / Homemade mustard (basic recipe)
[…] Fermentierte rote Paprika (Fermentier-Einsteiger-Rezept) […]