Ich muss mir hier gleich im Vorhinein für den eigentlich viel zu langen Blog-Eintrag mit den vielen Fotos entschuldigen, aber wenn es um Mohnweckerl geht, dann kann ich nicht leider anders: Mohnweckerl sind einfach wichtig, für jeden ! 🙂
Früher mal war zwar nicht alles besser, aber in vielen Fällen zumindest doch das Mohnweckerl. Und zwar zu einer Zeit, als noch nicht fast jede Bäckerei dieselbe langweilige Backmischung verwendet hat. Das Mohnweckerl ! In Österreich sagen manche auch Mohnflesserl oder Mohnstriezerl dazu, je nachdem, wo man gerade zu Hause ist, und in Deutschland heisst es Mohnzopf.
Bei meiner Grossmutter in einem kleinen Dorf in Niederösterreich gab es die absolut weltbesten Mohnweckerl der Welt. Ehrlich ! Die weltzweitbesten gab es in einem Bauernladen in einer nahegelegenen Marktgemeinde, von der aus ich immer den Zug in das kleine Dorf genommen hab. Viel viel später einmal, als mir bewusst wurde, dass es in Wien keine so guten Mohnweckerl gibt, hab ich sogar einen Brief (mit Retour-Marke) an diesen Bauernladen geschickt, mit der Bitte um das Rezept, aber ich hab leider nie eine Antwort erhalten.
Wenn ich eine Bäckerei testen will, dann kauf ich mir immer ein Mohnweckerl. Weil das Mohnweckerl muss innen schön saftig sein, der Teig muss lange “Fasern” gebildet haben, und die Kruste aussen sollte nicht so ausgetrocknet und hart sein, dass sie wegbröselt, sobald man sie nur scharf anschaut. In Wien bin ich bisher meistens enttäuscht worden, sogar von Joseph Brot, da hab ich zugegebenermassen mein Mohnweckerl erst am Abend gekauft. Aber: Ein richtig gutes Mohnweckerl sollte schon mal ein paar Stunden durchhalten können, ohne gleich trocken zu werden. Das bisher beste Mohnweckerl in Wien hab ich übrigens in der Konditorei Nöbauer am Kagraner Platz gefunden. Das war fast so gut wie die aus meiner Kindheit. Aber eben auch nur … fast.
Ich hab mich schon an etlichen Mohnweckerl-Rezepten versucht, aber ich war mit den Ergebnissen nie wirklich zufrieden. Bis ich auf dem Plötzblog von Lutz Geißler (da dreht sich einfach Alles um jede Art von Brot) das Rezept “Mohnzopf” entdeckt hab !
Dieses Rezept hat mich deshalb sofort angesprochen, weil es einige Dinge anders macht als alle anderen von mir bisher ausprobierten Rezepte: Die Herstellung dauert eine halbe Ewigkeit (“das muss doch gut werden, oder ?”), die Verwendung von sowohl einem Vorteig als auch einem Water Roux (= mit Wasser verkochtes Mehl), und die zusätzliche Verwendung von frischer Hefe, Sauerteig und Gerstenmalz →
Und natürlich braucht man auch noch etwas Mohn und ein Ei für oben drauf →
Ich fange normalerweise am Donnerstag Abend mit den Vorbereitungen an, dann haben wir Samstag zum Frühstück frisch gebackene Mohnweckerl.
Mit Wasser, Mehl und einer minimalen Menge (0.1 g um genau zu sein) frischer Hefe einen sogenannten Vorteig ansetzen, der sollte dann am nächsten Tag (Freitag) in etwa so aussehen →
Am nächsten Tag in der Früh (Freitag) mach ich das Water roux: Dabei wird eine Wasser-Mehl-Mischung so lange eingekocht, bis sie dickflüssig ist (am besten in einer beschichteten Pfanne), danach ab damit in den Kühlschrank, für 4-8 Stunden →
Am selben Tag am Abend werden (nach der Ruhezeit des Water roux) werden alle Zutaten zu einem Teig verknetet.
Ich hab das Rezept von Lutz Geißler nicht wirklich verändert, aber ich forme statt zwei grossen deutschen Mohnzöpfen sechs kleine österreichische Mohnweckerl aus dem Teig. Und für meine werten Leser hab ich die Gramm-Angaben in Löffel-Angaben umgewandelt, weil die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Löffel zu Hause hat ist sicher um einiges höher als die, eine Gramm-Waage zu besitzen.
Ich hab auch nur deshalb so eine Gramm-Waage, weil ich eine Zeitlang (eher erfolglos) mit Molekularküche gespielt hab, und da braucht man so etwas eben (und eine Zeit lang bekommt man nach dem Erstehen einer solchen Waage dubiose Kaufvorschläge für kleine Plastikbeutel und Zigarettenfilter).
Also die 0.1 g frische Hefe für den Vorteig sind tatsächlich nur so ein kleines Kugerl wie es hier am nächsten Foto neben einem Euro, einem englischem Pfund und einem neuseeländischem Dollar (ha, Kiwi!) zu sehen ist →
Die 5 g Sauerteig entsprechen genau 1 Teelöffel (und sind nur für den Geschmack verantwortlich, also optional)… →
… die 4 g Gerstenmalz entsprechen ein klein bisschen weniger als 1 Teelöffel (und sind nur für die Kruste = “Krume” zuständig, also auch kein allzu grosses Drama wenn nicht vorhanden) … →
… die 6 g frische Hefe entsprechen genau 1 Teelöffel, wenn man die Hefe in den Mess-Löffel presst, so wie am Foto (für das Foto hab ich allerdings einen 1/2 TL Löffel verwendet, deswegen sind es nur 3 g auf der Waage, also hier bitte einen richtigen 1 TL Mess-Löffel verwenden !), aber 6 g kann man wahrscheinlich in etwa auch auf einer normalen digitalen Küchenwaage abwiegen →
… die 7 g Salz entsprechen genau 1 gestrichenen TL … →
… und die 10 g Öl entsprechen 1 EL + 1/2 TL →
Mit dem Knethaken der Küchenmaschine 5 Minuten lang alle Zutaten (bis auf das Öl) ein wenig verkneten lassen, auf Stufe 1 (meine Maschine hat nur 4 Stufen), langsam während dem Kneten das Öl einträufeln und danach noch weitere 10 Minuten kneten lassen, bis ein seidiger Teig entsteht, der sich gut von den Wänden der Rührschüssel löst →
Dann heisst es wieder eine Stunde warten, bis der Teig an einem warmen Ort gut aufgegangen ist.
Danach den Teig in 6 gleiche Teile aufteilen, die Kugeln “rundwirken” (das heisst, man macht die Kugel zuerst etwas flach und drückt dann den Rand auf einer Seite unterhalb der Kugel in die Mitte, das wiederholt man rundherum – dadurch kommt das Innere der Kugel nach oben und nach aussen und die Oberfläche wird glatt) und die kleinen Kugeln nochmals 1/2 Stunde in Ruhe lassen →
Dann jede Kugel zu einem Strang von ca. 45 – 50 cm rollen (das geht ohne Mehl leichter) … →
… und nach folgender Foto-Anleitung in die typische Mohnweckerl-Form bringen →
Ein Ei in einem Teller verschlagen und genügend Mohn auf einen anderen Teller geben →
Die Mohnweckerl mit der Oberseite nach unten zuerst in das verschlagene Ei, dann in den Mohn tauchen. Man kann sie natürlich statt in den Mohn zu tauchen, auch einfach nur damit bestreuen, dann ist der Mohn halt weniger dicht. Und jetzt müssen die Mohnweckerl noch für 12 Stunden in den Kühlschrank.
Weil das grosse Backblech, auf dem ich sie dann backen werde, nicht in den Kühlschrank passt, hab ich sie auf kleine Backpapier-Stücke gesetzt, weil sie dann leichter auf das grosse Backblech transferiert werden können (sie kleben sonst über Nacht am Backblech bzw. am Holzbrett ein wenig an) →
Und so sehen sie dann frisch gebacken aus (bei 20 Minuten Backzeit, die hinteren könnten ein bisschen weniger dunkel sein, also bleibe ich lieber bei 18 Minuten !) →
Und quasi als Beweis dafür, wie schön saftig und langfasrig die Mohnweckerl innen sind, gibt es hier noch ein Foto, bei dem ein Mohnweckerl mit einem Messer durchgeschnitten ist … →
… und hier noch ein Foto, bei dem ein Mohnweckerl einfach mit der Hand auseinandergebrochen wurde, das nenn ich Fasern ! →
Jetzt steht einem köstlichen Frühstück am Wochenende nichts mehr entgegen ! 🙂
- VORTEIG:
- 75 g feines Mehl (glatt)
- 75 g Wasser
- 0.1 g frische Hefe (Menge siehe Foto)
- WATER ROUX:
- 120 g Wasser
- 25 g feines Mehl (glatt)
- HAUPTEIG:
- Vorteig
- Water roux
- 220 g feines Mehl (glatt)
- 1 TL Sauerteig (Reformhaus oder selbst angesetzt)
- ein bisschen weniger als 1 TL (4 g) flüssiges Gerstenmalz (Reformhaus)
- 1 TL frische Hefe (in den TL hineingepresst, oder 6 g auf der digitalen Küchenwaage)
- 1 gestrichener TL Salz
- 1 EL + 1/2 TL ÖL (oder 10 g auf der digitalen Küchenwaage)
- 1 Ei zum Einstreichen + etwas Mohl zum eintauchen
- Für den Vorteig alle Zutaten gut vermischen und 14-16 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen (ich mach den Vorteig am Abend, und bei mir ist das der Donnerstag).
- Für das Water roux (das mach ich Freitag früh) Mehl und Wasser verrühren und in einer beschichteten Pfanne bei sehr leichter Hitze (65° C) dickflüssig einkochen, siehe Foto. (Vorsicht: man muss ständig rühren und wenn die Pfanne zu heiss wird, dickt das Water roux zu schnell ein und macht Klumpen). Danach muss das Water roux 4-8 Stunden in den Kühlschrank.
- Für den Hauptteig (den mach ich Freitag nachmittags oder abends) alle Zutaten bis auf das Öl in die Schüssel einer Küchenmaschine mit Knethaken geben und für 5 Minuten auf kleinster Stufe (bei mir ist das Stufe 1 von 4) kneten lassen und dabei das Öl einträufeln lassen. Danach nochmal für 10 Minuten kneten lassen, bis man einen seidigen Teig hat, der sich gut von den Wänden der Knetschüssel löst.
- Den Teig 1 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen (24° C).
- Den Teig in 6 gleich grosse Teile teilen und zu Kugeln formen und diese dann "rundwirken": das heisst, man macht die Kugel zuerst etwas flach und drückt dann den Rand auf einer Seite unterhalb der Kugel in die Mitte, das wiederholt man rundherum - dadurch kommt das Innere der Kugel nach oben und nach aussen. Solange auf diese Art den Teig kneten bis die Oberfläche schön glatt ist.
- Diese kleinen Kugeln nochmals 30 Minuten rasten lassen.
- Die Teigstücke zu Strängen rollen (ohne Mehl auf der Arbeitsoberfläche geht das leichter) und laut Foto-Anleitung (siehe oben) in die typische Mohnweckerl-Form bringen.
- In einem tiefen Teller das Ei verschlagen und in einen zweiten tiefen Teller Mohn geben. Die Mohnweckerl mit der Oberseite nach unten zuerst in das Ei tauchen, dann in den Mohn.
- Die geformten Weckerl 12 Stunden im Kühlschrank lassen (das heisst bei mir von Freitag abends bis Samstag früh): Weil ich im Kühlschrank nicht genug Platz für ein grosses Backblech hab, setzte ich die Mohnweckerl auf passend zugeschnittene Stücke Backpapier, die ich dann auf ein kleines Backblech und ein Holzbrett gebe. Darauf setzte ich die Mohnweckerl, bevor sie in den Kühlschrank kommen. So kann ich sie leicht dann leicht auf das grosse Backblech transferieren.
- Am nächsten Tag (Samstag früh), den Backofen auf 220°C vorheizen und die Mohnweckerl für 18 Minuten goldbraun backen.
- Geniessen, wenn sie noch warm sind - zum Beispiel einfach mit Butter oder einem zarten Ziegenfrischkäse, oder mit was auch immer man gern zum Frühstück auf sein Brötchen tut ! 🙂
*
I feel I need to apologise upfront for the length of this post, especially with all the images, but I just can’t help it when it comes to Mohnweckerl: it is very important for everyone to know about them! 🙂
While it’s true that not everything was better in the “good old days”, one can safely say that the Mohnweckerl actually were better, before most bakeries switched to the same boring ready-made baking mixture. Mohnweckerl are a poppy seed bread that has a long tradition in particular regions in Austria. It is also known as Mohnflesserl or Mohnstriezerl, and in Germany it is usually called Mohnzopf.
The world’s best Mohnweckerl when I was a young girl were to be found in my grandmother’s little village in the countryside in Lower Austria. Seriously! The worlds second best were sold in a small shop in the nearby market town from which I used to get the train when I visited my grandmother. Much later, after exhausting all the options in Vienna and finding no good Mohnweckerl, in desperation I wrote a letter to this small shop (since the bakery in my grandmother’s village did not exist anymore) and begged them for the recipe. I even included return postage stamps with my letter but sadly they never replied to it.
When I discover a new bakery, and I want to find out if it is any good, I always buy a Mohnweckerl. They have to be soft inside, and the dough must have long gluten strings, and the outer crust should certainly not be so dry and hard that it crumbles away when you poke it a bit. In Vienna I have been mostly disappointed with what I have found, even with the famous Joseph Brot bakery (to be fair I bought my Mohnweckerl there in the evening, but even so, a really good Mohnweckerl should last a few hours without getting dry). The best Mohnweckerl I have found in Vienna so far I discovered by chance in the Konditorei Nöbauer at Kagraner Platz. Their Mohnweckerl was almost as good as the one from my childhood memories … almost.
I have already tried to bake Mohnweckerl at home based on several recipes, but each time I was disappointed with the outcome – until I finally found a recipe for Mohnzopf over at Lutz Geißler’s Plötzblog, which covers many different types of bread. This recipe immediately caught my attention because it does a few things very differently to what I have seen before. First, the whole process takes half an eternity (so it has to turn out good, right?). Second, the recipe uses both a poolish and a water roux (Tangzhong) (water boiled with flour), along with fresh yeast and sour dough starters. And, if that’s not enough, it also has barley malt.
In order to have freshly baked Mohnweckerl for Saturday morning breakfast, I have to start the preparation on the Thursday evening before, where I mix together the ingredients for the poolish sponge. On Friday morning I make the water roux, and on Friday evening I make the dough and form the Mohnweckerl, which have to rest for another 12 hours overnight in the fridge.
But it’s worth it to be able start my weekend with such a delicious breakfast on Saturday morning!
Ingredients
Poolish sponge
- 75 g very fine flour
- 75 g water
- 0.1 g fresh yeast (this is a tiny amount – see the first photo with the coins on the gram scale to get an idea)
Water roux (Tangzhong)
- 120 g water
- 25 g very fine flour
Main dough
- poolish sponge
- water roux
- 1 t liquid sour dough culture (sold in health food stores) (this just adds more flavour)
- scant 1 t barley malt (this changes the properties of the crust)
- 1 t fresh yeast (pressed flat into the measuring spoon, see photo above; or 6 g weighted on a digital kitchen scale)
- 1 t salt
- 1 T + 1/2 t oil (or 10 g weighed on a digital kitchen scale)
- 1 egg for glazing
- poppy seeds
Instructions
- To make the poolish, mix the ingredients together, cover with plastic cling film and leave at room temperature for 14-16 hours (I do this on Thursday evening).
- The following day, in the morning, prepare the water roux: thoroughly mix water and flour until smooth, then heat gently in a non-stick pan on very low heat (the mixture should be about 65° C) until thick, stirring constantly (see photo above for the desired consistency). Be careful not to let the mixture get too hot, or it will thicken too quickly and create lumps. Transfer to a small container and leave in the refrigerator for 4-8 hours.
- For the main dough (I make this on Friday afternoon or evening) mix all ingredients except for the oil in the bowl of a stand mixer with a dough hook and knead for 5 minutes on the lowest speed possible. While it kneads add the oil very slowly to the bowl, one drop at a time. Knead for another 10 minutes until the dough is silky and elastic.
- Turn off the mixer and leave the dough to rest at room temperature (24° C) for 60 minutes.
- Divide the dough into 6 equal parts. Take one part of the dough, form into a ball, then flatten slightly. Work the sides of the dough disc down and underneath – this will bring the parts of the dough that were on the inside of the ball up and expose them on the top. Continue doing this repeatedly all around the disc, until the surface on top of the ball is smooth. Repeat for the remaining 5 balls of dough.
- Leave to rest for 30 Minutes.
- Roll out each ball so that it forms a long sausage shape (this is easier without flour on your working surface). Following photos above, form into Mohnweckerl shapes.
- Break the egg into a shallow bowl or plate and beat with a fork. Add the poppy seeds into another shallow bowl or plate. Take each Mohnweckerl and dip its upper side first into the beaten egg, and then into the poppy seeds.
- Leave in the refrigerator for 12 hours (in my case this is from Friday afternoon or evening until Saturday morning). I don’t have enough space for a whole baking tray in my fridge, so instead I cut out 6 small small rectangles from baking paper, each a bit bigger than the Mohnweckerl, and place half of them on a smaller baking tray and half on a wooden chopping board. I then place a Mohnweckerl onto each piece of baking paper. This way I can easily transfer them to the baking tray after I take them out of the fridge.
- The next day (Saturday morning) preheat the oven to 220° C. Bake the Mohnweckerl on the middle rack for 18 minutes until golden brown.
- Enjoy while still warm. They are heavenly just with butter, or with a mild soft white goat cheese, or with really whatever you like on your bread for breakfast!