Angefangen hat alles mit drei Knollen Topinambur, die ich vor etlichen Jahren von einer Freundin bekommen hab. Damals hab ich noch nicht gewusst, dass Topinambur als invasive Pflanze eingestuft ist, und deswegen darf ich mir nun jedes Jahr von meinen Eltern aus deren Garten das Resultat meiner Ignoranz abholen. Am Foto hier ist nur ein kleiner Teil der diesjährigen Ernte zu sehen →
Wieder zu Hause, hab ich sofort in meinem neuen (und ausserdem genialen) Buch Aroma Gemüse: Der Weg zum perfekten Geschmack nachschauen müssen, was ich mit den vielen Knollen nun anstellen könnte. Und hier ist der Absatz, der mich sofort neugierig gemacht hat:
Die Knolle lässt sich wegen des hohen Zuckergehalts außerdem bestens karamellisieren und “verbrennen”: Dazu die Knollen sehr gut mit der Gemüsebürste abbürsten und im Ofen bei 300°C für zwei Stunden “verbrennen”. Die äußeren Schichten werden dabei sehr dunkel, das Fruchtfleisch fast trocken und braun gelblich. Abkühlen lassen und in einem Mixer mahlen. Das duftende Granulat lässt sich lange aufbewahren, da es kaum Wasser enthält. Dieser “Topinamburkaffee” ist eine wunderbare Saucengrundlage: Aufgekocht mit Sahne, Crème fraîche oder Fond, ergibt es tiefe, dunkle Saucen.
Naja, was soll man dazu sagen ? Das musste ich jetzt einfach einmal ausprobiert haben ! Zuerst hab ich die frischen Knollen noch einmal gewaschen und geputzt, dann sind sie auf einem mit Alu-Folie belegten Blech ins Rohr gewandert →
Mein Ofen bringt zwar nur 250°C zustande, aber ich hab mir gedacht, dass ich die Knollen dann vielleicht einfach ein bisschen länger “verbrennen” muss. Hier ein etwas gescheiterter (sehr heisser) Versuch, die Knollen beim Wasser-Lassen im Backrohr durch das Glas hindurch zu fotografieren →
Nach etwa 45 Minuten war schon der ganze Ofen nicht nur innen, sondern auch aussen überall recht heiss, also hab ich den Rest der Zeit vor dem Sichtfenster des Backrohrs verbracht, um sicher zu gehen, dass auch ja nichts wirklich zu brennen anfängt. Ich bin ausserdem überzeugt, dass nur mein mehrmaliges Lüften mich vor dem sicheren Hitzetod bewahrt hat. Auf jeden Fall haben die Topinambur nach zwei Stunden zumindest schon recht “verbrannt” ausgesehen →
Innen waren die Knollen allerdings immer noch recht feucht →
Ich hab die Knollen nun von der richtig verbrannten Asche aussen ein wenig befreit … →
… und sie ein erstes Mal mit dem Mixer zerkleinert. Das Resultat sah ein wenig so aus, als ob es gerade kurz vorher noch innerhalb von irgendeinem Tier gewesen wäre →
Auf jeden Fall war alles noch etwas zu feucht, um wirklich ein Granulat zu erzeugen. Also hab ich nochmal alles ein wenig auseinander gezupft und bei 80°C für ca. 2 weitere Stunden im Backrohr getrocknet, bis das Resultat dann so ähnlich ausgesehen hat wie vorher, allerdings von einem kleineren Tier stammend →
Jetzt war alles recht hart und trocken, also hab ich die grösseren Stücke zuerst im Mörser ein wenig zerkleinert, danach konnte ich mit dem Stabmixer ganz gut ein grobkörniges Granulat herstellen →
Das Granulat selbst hat eigentlich bloss “verbrannt” geschmeckt und ich bin zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon davon ausgegangen, dass meine ganze Mühe hauptsächlich für ein zukünftiges Lächeln über meine Halsstarrigkeit gut gewesen sein wird.
Nachdem ich den Geschmack aber nun richtig testen wollte (wie im Buch beschrieben), hab ich mich für eine einfache Sauce mit nur wenigen Zutaten entschieden: Schlagobers (= Sahne), ein kleiner Teelöffel voll Topinambur-Granulat und etwas Salz →
Die Sauce hab ich auf kleiner Flamme auf in etwa die Hälfte der Menge reduziert und danach durch ein Sieb gestrichen, damit sie noch feiner wird. Die kleine Menge Topinambur-Granulat hat auf jeden Fall erstaunlich viel Farbe ins Spiel gebracht →
Mein Mann hat gemeint, dass die Sauce unheimlich gut nach Schokolade duftet. Der Geschmack der Sauce selbst ist schwer zu beschreiben: Sehr erdig, holzig, geröstet, aber gleichzeitig auch etwas süsslich und ein ganz ganz kleines bisschen bitter – auf jeden Fall ganz anders, als ich es erwartet hätte und auch ganz anders als alles andere, was ich bisher gekostet habe. Wer also die Zeit aufbringen will und seinem Ofen stundenlange Hitze zumuten möchte, sei hiermit eingeladen, das kleine Experiment selbst durchzuführen ! 🙂
Zum Essen gab es “zur Sauce” diesmal gebratene Karotten und etwas Salat aus Pak Choi mit kleinen Apfelstücken →
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It all started several years ago when a friend of mine gave me three Jerusalem artichoke bulbs. I did not know at the time that this is considered a rather invasive plant, and now every autumn I am tasked with collecting the fruits (bulbs) of my ignorance from my parents’ vegetable garden.
Every year I try to find something new to do with them. This time I looked up the entry for Jerusalem artichokes in my new (and really great) book Aroma Gemüse: Der Weg zum perfekten Geschmack (roughly translated title: The Flavours of Vegetables: The Path to Perfect Flavour) to see if it had any suggestions. One paragraph caught my attention, where I learnt that, due to their high sugar content, they are perfect for being caramelised or “burnt”. First you clean them well with a brush, then put them in the oven for 2 hours at 300°C (or as hot as your oven will go). The outer layers become very dark, the flesh inside dries out and turns a brownish-yellow colour. After cooling, you grind everything to a coarse granulate using a blender. The book calls the result “Jerusalem artichoke coffee” and, as it is quite dry, it apparently keeps for a long time. They suggest boiling it with a little cream, crème fraîche, or stock, to create a deep dark sauce.
I was immediately fascinated with this idea, so of course I had to try it out! After cleaning my Jerusalem artichokes I put them on a baking tray lined with aluminium foil and put them in the oven for 2 hours to “burn”. My oven only goes up to 250°C, and after about 45 minutes not just the inside but also the outside surfaces of the oven was really hot everywhere. I was a bit worried at this point so I spent the rest of the time peering in through the glass window on the front of the oven and making sure that nothing in the kitchen got singed by the heat, and even though it was only 5°C outside I had to leave the windows open to stop myself from dying of the heat.
After 2 hours the bulbs looked nice and crisp and burnt, so I took them out and let them to cool down. Once cool I removed some of the very black outer parts that were clearly just ash, and then tried to blend the rest to obtain a granulate. But the pieces were still too moist inside, so what I ended up with was more like a paste than a dry granulate. I decided to tear apart this paste into little pieces with my fingers, then I gave it another 2 hours at 80°C in the oven. That seemed to do the trick, and I found I could now make a rather dry granulate by first using a mortar and pestle to crush the bigger pieces, then using a stick blender to finish the job.
On its own, the granulate tasted mainly just like “burnt,” and I began worrying that my efforts were all for nothing more than a joke at some point in the future about how stubborn I can be. But I nevertheless followed through with the book’s suggestion to make a sauce with a little cream, some Jerusalem artichoke granulate, and a bit of salt. I reduced the cream on low heat until its volume had halved, and finally strained it through a sieve to make the sauce even finer.
It turned out that all the effort was totally worth it, as the result is really quite wonderful! It smells a bit like chocolate, and the taste is hard to describe – earthy, woody, roasted, while at the same time a little sweet and very slightly bitter. All in all it was something really new to me, different from anything I had tasted so far. So, if you find the time and the will to put your oven through a heat stress test, I hereby invite you to try this little experiment yourself at home!
As you can see in the photos, I served the sauce over pan-fried carrots, with a salad of bok choy greens and small pieces of apple.